Offener Brief an Hamburger Senat von Fachschaftsräten der Universität Hamburg

Diesen offenen Brief haben wir als FSR Sozialökonomie gemeinsam mit dreizehn anderen Fachschaftsräten der Uni Hamburg zum Start des ‚Digitalsemesters‘ an die Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank und den gesamten Hamburger Senat verfasst. 

 

Sehr geehrte Frau Fegebank, sehr geehrte Mitglieder des Senats der Hansestadt Hamburg,

die Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 haben fortgesetzt und gesteigert erhebliche negative Auswirkung auf die soziale Lage insbesondere auch einer Großzahl der Studierenden. Des Weiteren haben die Wissenschaftsbehörde und die Leitungen der Hochschulen beschlossen, das Sommersemester 2020 als „Digital-Semester“ beginnen zu lassen.

Für die daraus resultierenden Probleme mangelt es derzeit erheblich an angemessenen Kompensationen.
Die unterzeichnenden Fachschaftsräte fordern Sie daher zu folgenden Maßnahmen auf:

1.) Die Einrichtung einer angemessenen sozialen Unterstützung der Studierenden – restriktionsfrei 900,- € monatlich als Vollzuschuss.

Im Rahmen des bislang eingerichteten Notfonds besteht die Möglichkeit eines monatlichen Darlehens in Höhe von 400 €. Das geht an der sozialen Realität vorbei:

a.) Die Lebenshaltungskosten werden nicht geringer, von 400 € kann man in Hamburg nicht Leben. Die Fördersumme muss erhöht werden auf den studentischen Durchschnittsbedarf. Das sind laut Studierendenwerk 900,- € monatlich.

b.) Wir Studierenden werden, wenn die gemeinsame Überwindung der Krise gelingt, hinterher nicht über größere Überschüsse verfügen. Die Auflage der Rückzahlung ist daher sozial unzumutbar. Der Hilfsfonds ist daher als Vollzuschuss einzurichten.

c.) Der Staat selber hat die Maßnahmen angeordnet, die nun zu den Verdienstausfällen und sozialen Härten führen. Es ist daher unnötig, dass die Studierenden diese auch noch nachweisen müssen. Der Zuschuss ist daher restriktionsfrei und unbürokratisch zu vergeben.

2.) Erkennen Sie an: Digitale Lehre kann das gemeinsame Lernen in Präsenz und gegenseitiger Begegnung nicht ersetzen.

Es ist in der Hochschuldidaktik wissenschaftlich erkannt und auch unser aller praktischer, derzeit intensive Erfahrung: Der Einsatz digitaler Medien kann – vernünftig und gezielt umgesetzt – Erkenntnisprozesse in Präsenzveranstaltungen unterstützen, er kann sie – allemal als Notnagel eingesetzt – nicht ersetzen. Alle in der Wissenschaft tätigen wissen das, also sprechen Sie es auch öffentlich laut aus. Die Konsequenz muss sein: Solange im Sommersemester 2020 Präsenzlehre nicht der Regelfall ist, ist es kein regelhaftes Vollsemester. Das über digitale Angebote realisierte Studium darf daher nicht mit der Erwartung an die Studierenden verbunden werden, regelhafte Studienleistungen zu erbringen. Wer möchte, soll können, aber: Alle in diesem Semester erbrachten Studienleistungen müssen ohne Einschränkungen in einem regelhaften Semester wiederholt werden können. Wir alle haben das Recht auf Wissenschaft, Lehre, Studium und Bildung auf höchst möglichem Niveau und haben nicht verdient, mit einer ungenügenden Nachbildung abgespeist zu werden.

3.) Die wissenschaftlichen Bibliotheken sind unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen wieder zu öffnen.

Wissenschaft braucht Bücher. Studierende und Lehrende benötigen daher wieder Zugang zu den Bibliotheken. Diese sind bereits jetzt unterfinanziert. Daher sind großzügig Mittel bereit zu stellen, die allen Bibliotheken die Einrichtung geeigneter Schutzmaßnahmen (z.B. Plexiglasvorrichtungen etc.) ermöglicht.

4.) Alle Fristen in Hochschule, bei Ämtern, Krankenkassen etc. sind um 1 Jahr auszusetzen.

Wegen der sozialen Belastungen und der Einschränkungen im Studium kommt es unvermeidlich zu Verzögerungen im Studium. Diese Belastungen werden mit der Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen auch nicht sofort verschwinden und die Lehrveranstaltungsplanung ist häufig jahresweise angelegt. Es sind daher die Fristen im Studium und beim Studierendenwerk, für BAföG und Krankenkassen, bei Ämtern und der Ausländerbehörde, etc. für ein Jahr auszusetzen.

Wir hoffen auf eine positive Rückmeldung und verbleiben mit Erwartungsvollen Grüßen

Fachschaftsrat Archäologie
Fachschaftsrat Bewegungs- und Gesundheitswissenschaften
Fachschaftsrat Chemie
Fachschaftsrat Erziehungswissenschaft
Fachschaftsrat Gewerbelehramt
Fachschaftsrat Handelslehramt
Fachschaftsrat Holzwissenschaft
Fachschaftsrat Islamwissenschaften
Fachschaftsrat Lateinamerika-Studien
Fachschaftsrat Lehramt allgemeinbildende Schulen
Fachschaftsrat Molecular Life Sciences
Fachschaftsrat Sonderpädagogik
Fachschaftsrat Sozialökonomie
Fachschaftsrat Sozialwissenschaften

 

1. Mai 2020

 

Den offenen Brief findet ihr hier auch noch einmal als PDF.

 

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