Sozialökonomische Perspektiven in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung

Themensemester 2019/2020

Das diesjährige Themensemester des Fachbereichs Sozialökonomie beschäftigt sich interdisziplinär mit Ursachen und Folgen gesellschaftlicher Polarisierung und den sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen für eine sozialökonomische Analyse und Perspektive.

 

Aktionswoche vom 29.06. – 03.07.2020 auf dem Campus : Das Programm, Hintergrundtexte zu zwei Veranstaltungen und weitere Informationen findet ihr auch auf der Themensemester-Seite des Fachbereichs Sozialökonomie.

 

Warum beschäftigen wir uns mit gesellschaftlicher Polarisierung und was bedeutet das genau?

Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass sich die Gesellschaft in einer multiplen Krise befindet, die bestehende gesellschaftliche Schieflagen vertieft und neue Polarisierungen schafft. Befeuert durch globale Konkurrenz, Finanzkrisen und Austeritätspolitik steigt der Vermögensunterschied zwischen den reichsten und ärmsten Teilen der Weltbevölkerung weiter rasant an. In diesem profitgetriebenen weltwirtschaftlichen Umfeld spitzt sich auch die Klimakrise weiter zu. Während die Regierungen der Industrienationen hinter ihre Klimaziele zurückfallen, fordern soziale Bewegungen eine soziale und ökologische Politikwende, ein sofortiges Ende der Kohleverstromung und eine Demokratisierung der Wirtschaft. In dieser allgemein krisenhaften Lage gewinnen rechte Kräfte zunehmend an Zustimmung. Ausgrenzung, Nationalismen, eine zunehmende politische Polarisierung und rechtspopulistische Stimmungsmache nehmen zu und können zur Verschärfung der Krise beitragen. Zugleich gehen bei Großdemonstrationen wie „Unteilbar“ bundesweit hunderttausende Menschen gegen Rassismus und Sozialstaatsabbau auf die Straße. Insgesamt stehen wir als Gesellschaft und Wissenschaft damit an einem Scheideweg: leisten wir einen Beitrag „zur Entwicklung einer humanen, demokratischen und gerechten Gesellschaft“ (siehe Leitbild der UHH) oder geben wir uns mit dem Status quo zufrieden und tragen so zu einer fortschreitenden Polarisierung bei?

Im Rahmen des Themensemesters wollen wir uns deswegen fragen, wie genau die globalen Polarisierungsprozesse auf sozialökonomischer, politischer und kultureller Ebene miteinander zusammenhängen und wie wir als Fachbereich Sozialökonomie zur Lösung dieser Fragen beitragen können. So wollen wir uns beispielsweise der Frage widmen, ob und wie die auf Deregulierung und marktvermittelten Strukturwandel zielende Politik der vergangenen Jahrzehnte mit dem Aufstieg rechter Kräfte zusammenhängt und dies exemplarisch am Zusammenhang des Aufstiegs der AfD in Ostdeutschland und der Treuhandpolitik diskutieren. Dabei wollen wir immer wieder sowohl die Rückbindung zu den globalen Zusammenhängen als auch zur eigenen wissenschaftlichen und hochschulpolitischen Praxis herstellen.

Wie geht es weiter mit dem Themensemester und welche Rolle spiele ich dabei?

Ziel des Themensemesters soll es sein, diese Fragen in den kommenden beiden Semestern am Fachbereich zu diskutieren und die Fragen insbesondere im Sommersemester 2020 auch in den Lehrveranstaltungen zu verankern. Im Wintersemester wird es dafür bereits verschiedene Podiumsdiskussionen geben, die sich mit einzelnen Aspekten der skizzierten Problemstellung beschäftigen und damit zur Vorbereitung auf die vertiefte Diskussion im Sommersemester beitragen sollen. Alle Lehrenden und Studierenden sind deswegen aufgerufen, sich in den Lehrveranstaltungen mit diesen Fragen auseinander zu setzen und dafür den nötigen Raum einzuräumen!

Gemeinsam wollen wir diese Fragen angehen und Perspektiven zur Überwindung der multiplen Krise erarbeiten!

Bei Interesse und Rückfragen wendet euch gerne an: Themensemester.sozoek@uni-hamburg.de

Aktionswoche

In der Woche vom 29.06. – 03.07.2020 findet die Aktionswoche des Themensemesters „Sozialökonomische Perspektiven in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung“ statt.

Im Rahmen der Aktionswoche wollen wir die Ergebnisse und Diskussionen aus der Ringvorlesung „Gesellschaftliche Polarisierung in Zeiten der Corona-Krise“, den bisherigen Veranstaltungen und den Lehrveranstaltungen zusammenführen und weiter diskutieren. Dafür werden sich verschiedene Kurse in dieser Woche außerhalb des Lehrplans einem bestimmten Aspekt gesellschaftlicher Polarisierung widmen und sich zugunsten einer fachbereichsübergreifenden Diskussion für die Öffentlichkeit öffnen. Ebenso finden weitere Veranstaltungen, beispielsweise eine Podiumsdiskussion zur Dekommodifizierung und Demokratisierung von Arbeit, sowie eine Diskussionsveranstaltung zur Bildungssituation unter der rechten Regierung Bolsonaros in Brasilien statt.

Die Aktionswoche wird primär auf dem Campus, auf der Wiese neben dem Café Knallhart, stattfinden. Damit bietet die Aktionswoche unter Einhaltung von Hygienemaßnahmen (1,5 m Abstand, ausreichend Desinfektionsmittel usw.) eine gute Möglichkeit noch im laufenden „Onlinesemester“ wieder in Präsenz zusammen zu kommen und die Ursachen und Auswirkungen der aktuellen Krise, sowie die positiven Handlungsmöglichkeiten gemeinsam zu diskutieren.

Alternativ ist die Teilnahme auch digital möglich, sowohl die referierenden Lehrenden und Kommiliton*innen, als auch die Teilnehmenden können also entweder in Präsenz vor Ort teilnehmen oder sich online zuschalten. Die digitale Zuschaltung ist via ZOOM über folgenden Link möglich: https://uni-hamburg.zoom.us/j/96859325399?pwd=UEVXSW13elVMblBMaU9CbW81dkNVQT09 (Meeting-ID: 968 5932 5399, Passwort: 093003).

Das vorläufige Programm (Stand: 23.06.2020): Wochenplan Aktionswoche
Das Hygiene- und Schutzkonzept für die Veranstaltungen findet ihr hier: Schutzkonzept Aktionswoche

Alle weiteren Informationen findet ihr hier

Digitale Ringvorlesung

Die aktuelle CoVid-19-Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung legen existierende gesellschaftliche Schieflagen offen. Zahlreiche Ökonom*innen rechnen mit einem dramatischen Einbruch des globalen Wirtschaftswachstums, in den USA stieg die Arbeitslosenquote zuletzt so stark, wie seit der großen Depression nicht mehr, in vielen Ländern drohen die Gesundheitssysteme zu kollabieren. Die soziale Ungleichheit nimmt im Zuge dessen weiter zu, was von rechten Kräften mit einer Verschärfung der Ausgrenzung beantwortet wird. Die Krise öffnet aber auch ein neues Gelegenheitsfenster für nachhaltige Entwicklung: Produktion wird rasend schnell transformiert, hohe Finanzmittel jenseits der Schwarzen Null mobilisiert, internationale Kooperation forciert und das Verhältnis von Sozialstaat und Markt neu austariert. Die altgriechische Bedeutung von „krísis = Entscheidung“ ist also durchaus wörtlich zu nehmen. All das sind Fragen und Problemlagen, mit denen wir uns in der Sozialökonomie aus interdisziplinärer Perspektive seit jeher beschäftigen. In der Krise werden sie umso dringlicher. Im Rahmen des Themensemesters wollen wir uns deswegen mit den Ursachen der aktuellen Krise und den gesellschaftlichen Handlungsmöglichkeiten auseinandersetzen. Wir wollen diskutieren, was die aktuelle Krise für die sozialökonomische, politische, kulturelle und ökologische Polarisierung der Gesellschaft bedeutet und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind.

In diesem Sinne, laden wir alle dazu ein, sich an der Diskussion im Rahmen der Ringvorlesung zu beteiligen und die Diskussionen mit in die Lehrveranstaltungen zu tragen.

Alle Termine und Videoaufzeichnungen der Ringvorlesung findet ihr hier


Veranstaltungsreihe

Alle Veranstaltungen finden um 18:30 Uhr in Raum S29, Von-Melle-Park 9 statt. Weitere Informationen und die Links zu den Videoaufzeichnungen der vergangenen Veranstaltungen findet ihr hier

10.01.2020
Die Treuhand, gesellschaftliche Polarisierung in Ostdeutschland und der Aufstieg der AFD

Der 30. Jahrestag des Mauerfalls gibt Anlass zu fragen, wie die Erfahrung der Privatisierung und „Abwicklung“ der ökonomischen Basis eines ganzen Landes zu tiefgreifenden Zäsuren und „Brüchen“ auf individueller wie gesellschaftlicher Ebene geführt haben, die den Boden für eine stärkere Polarisierung der ostdeutschen wie gesamtdeutschen Gesellschaft bereitet haben. Inwiefern diese gesellschaftliche Polarisierung mit dem Aufstieg der AfD in Ostdeutschland zusammenhängt, soll Gegenstand der Diskussion sein.

In der Diskussion sollen historische, soziologische und ökonomische Argumentationen eine interdisziplinäre Annäherung an diese Fragen ermöglichen. Dabei soll es auch um die Frage gehen, ob dieses spezifische historische Ereignis allgemeinere Schlussfolgerungen für die Frage des Verhältnisses von Markt, Staat und Gesellschaft zulässt und was wir daraus für heute lernen können.

Referent*innen
Marcus Böick – Historiker, Ruhr-Universität Bochum
Daniela Dahn – freie Journalistin und Autorin
Wolfgang Menz – Arbeitssoziologe, Fachbereich Sozialökonomie an der Universität Hamburg

Der Veranstaltungsflyer findet ihr hier.


30.01.2020
Wer löst die Klimakrise? Klimapolitik im Spannungsfeld zwischen globalen Verhandlungen, Klimabewegung und Gewerkschaften

Was genau passiert eigentlich auf den UN-Klimakonferenzen? Werden sie den hohen Erwartungen gerecht, die an sie gerichtet werden? Mit der sich zuspitzenden Klimakrise wächst auch die Skepsis. Trotz des Pariser Klimaabkommens von 2015 steigen die globalen Treibhausgasemissionen weiter an. Zugleich fordern soziale Bewegungen wie Fridays for Future lautstark eine soziale und ökologische Politikwende. Doch auch hier mehren sich die Zweifel: Reicht es aus, Forderungen an die Politik zu stellen? Oder müssen wir uns nicht alle stärker selbst als politische Akteur*innen eines Wandels ‚von unten‘ verstehen? Auch Unternehmen und Gewerkschaften stehen vor der Frage, wie eine sozial und ökologisch nachhaltige Zukunft der Arbeit gestaltet werden kann.

Im Rahmen der Veranstaltung berichtet zunächst ein Team von Forscher*innen der Universität Hamburg von den Ergebnissen der UN-Klimakonferenz COP25 in Madrid. Im Anschluss wollen wir gemeinsam mit Akteur*innen aus Klimabewegung und Gewerkschaft diskutieren, in welchem Verhältnis globale Klimaverhandlungen, nationale Politik und die Arbeit in Gewerkschaften und sozialen Bewegungen zueinander stehen. Dabei werden wir auch erörtern, wo es Anknüpfungspunkte gibt und wo sich im Gegenteil Widersprüche und Konfliktlinien zeigen.

Referent*innen
Katja Karger – Vorsitzende des DGB Hamburg
Stefan Ayut, Émilie d’Amico und Felix Schenuit – Fachbereich Sozialökonomie an der Universität Hamburg
Armin Günther – Klimabewegung 

Der Veranstaltungsflyer findet ihr hier.